Sonnige Länder wie Marokko, Algerien, Spanien und Portugal werden als potenzielle Produzenten von grünem Wasserstoff aus Sonnenenergie betrachtet. Sie nutzen ihre starke Sonneneinstrahlung, um
durch Elektrolyse Wasserstoff aus Wasser zu erzeugen. Allerdings gibt es bei dem Import nach Europa Bedenken hinsichtlich der Kosten und Risiken, und einige Experten bezweifeln, ob sich der
Import wirtschaftlich rechnet.
Deutsches Großprojekt in Namibia als Beispiel
Afrika könnte der H2-Kontinent werden. Deutsche Mittelständler wollen ein Großprojekt in Namibia bauen, und es gibt weitere Projekte von Ägypten bis Südafrika. In Namibia gibt es beste
Bedingungen, nämlich Sonne an 300 Tagen und viel Wind. Das Konsortium "Hyphen", bestehend aus dem Branchenpionier
Enertrag aus Dauerthal bei Prenzlau in Brandenburg und einer Tochterfirma des britischen Infrastrukturentwicklers Nicholas Holdings, hat Ende letzten Jahres von der Regierung in Windhuk den Zuschlag für den Bau des riesigen Energieparks bekommen, der ab 2026 grünen Wasserstoff liefern soll.
Windparks und Solarfelder sollen dort entstehen, die im Endausbau 5.000 Megawatt Ökostrom liefern können, was bei voller Leistung der Kapazität von fünf konventionellen Großkraftwerken
entspricht. Zudem eine Elektrolyse-Anlage zur Wasserstoffgewinnung und eine Meerwasserentsalzungsanlage, um in der trockenen Region überhaupt die nötigen Mengen H2O dafür bereitstellen zu können.
Dann ein Werk, um aus dem dort hergestellten Wasserstoff besser transportable Derivate wie E-Fuels oder Ammoniak zu machen. Und als Ergänzung ein neues Verladeterminal bei Lüderitz, um die gasförmigen oder flüssigen Produkte verschiffen zu können.
Angepeilt ist eine Produktionsmenge von jährlich 300.000 Tonnen grünem Wasserstoff für den regionalen und den internationalen Markt.
Die Bedenken zu solchen Projekten
Ein Großteil des Gebietes ist Teil
des Tsau-Khaeb-Nationalparks. Dort sind ein Viertel aller Pflanzenarten Namibias und seltene Tierarten beheimatet, die sich an die extremen Wüstenbedingungen angepasst haben. Vertreter
von Hyphen sagen, dass weder Windräder noch Solarzellen den Tieren und Pflanzen schaden werden. Das soll nun eine Umweltverträglichkeits-prüfung nachweisen.
Ob das Projekt wirklich so grün
ist, bezweifelt die niederländische Wissenschftlerin Kiane de Kleijne. Sie hat mit Universitätskollegen anhand der Daten aus mehr als 1000 geplanten Projekten untersucht, wie vile
Emmisionen über den gesamten Produktionszyklus des Wasserstoffs wirklich anfallen. Ihr Ergebnis: In manchen Fällen könnte grüner Wasserstoff (schädliche) Emissionen verursachen als die
Produktion herkömmlichen Wasserstoffs. Nur runf ein Viertel der weltweit geplanten Projekte bleiben unter den EU-Grenzwerten. Und das, obwohl häufig angenommen werde, dass bei grünem
Wasserstoff überhaupt keine Emissionen anfielen.
"Solarzellen, Windkraftanlagen und
Elektrolyseure müßten ja erst einmal hergestellt werden", so de Kleijne. Auch der Wasserstoff oder dessen Derivate wie Ammoniak müssen für den Transport per Schiff gekühlt und tausende
Kilometer transportiert in Industrieländer transportiert werden. Währenddessen entweicht ein geringer Teil des Wasserstoffs in die Atmosphäre - und ist elfmal klimaschädlicher als
CO2.
Außerdem müssten in Importländern
große Infrastrukturen entstehen. "Bei all diesen Schritten entstehen Emissionen, die bei der Berechnung der Treibhausgasemissionen berücksichtigt werden
müssen, sagt
de Kleijne. Die größte Rolle spielt laut ihrer Forschung die Stromproduktion. "Die Wasserstoffproduktion mit Windkraftanlagen ist sehr effektiv und kann die Emissionen im Schnitt auf 1 kg
CO2 für 1 kg H2O senken - bei der Produktion von Wasserstoff mit Erdgas fallen hingegen 9 bis 12 kg CO2 an".
Doch die Werte unterscheiden sich
stark von Projekt zu Projekt und nicht alle seien so effektiv wie angegeben. "Wir müssen und von der Vorstellung verabschieden, dass grüner Wasserstoff eine
Null-Emissions-Technologie ist", sagt die Wissenschaftlerin. "Aber ein erheblicher Teil des CO2-Ausstosses ließe sich einsparen, wenn wir den Wasserstoff nicht um die halbe Welt
transportieren, sondern lokale Industrien dekarbonisieren." Auf diese Weise käme der Wasserstoffboom auch den Menschen jener Länder zugute, die ihn produzieren.
(Textquelle im Wesentlichen aus der
Zeitschrift PM 04/25)